Was ist FASD?

Umbrella Term FASD

FASD als Abkürzung für die Fetalen Alkoholspektrumstörungen ist aus dem englischsprachigen übernommen und steht für Fetale Alcohol Spectrum Disorder. FASD als Begrifflichkeit stellt keine Diagnose sondern einen Sammelbegriff dar, der sich bildlich gesprochen wie ein Regelschirm über die einzelnen Ausprägungsformen spannt. Zu den Fetalen Alkoholspektrumstörungen gehören:

  • das Fetale Alkoholsyndrom (FAS, engl. Fetal Alcohol Syndrom)
  • das Partielle Fetale Alkoholsyndrom (Pfas, engl. Partial Fetal Alcohol Syndrome)
  • die Alkoholbedingte Entwicklungsneurologische Störung (ARND, engl. Alcohol Related Neurodevelopmental Disorder)

Der Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft, also die intrauterine Alkoholexposition, kann zu irreversiblen toxischen Schädigungen des ungeborenen Kindes führen und erhebliche, lebenslängliche Auswirkungen haben. Hierzu zählen Beeinträchtigungen des körperlichen Wachstums, der Organbildung und vor allem entscheidende Fehlbildungen im Zentralen Nervensystem (ZNS). Es liegen dann Störungen wichtiger Hirneinheiten vor, die z.B. für Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen, sowie Planung, Ausführung und Kontrolle von Verhalten verantwortlich sind.

fasd

FASD als eine lebenslange Behinderung die mit einer Prävalenz von ca. 1% zu einer der häufigsten nicht genetischen Ursachen der Intelligenzminderung gehört, ist deutlich häufiger in der Gesamtbevölkerung vertreten als beispielsweise das Down Syndrom. Laut der ehemaligen Bundesdrogenbeauftragten Frau Marlene Mortler ist für Deutschland von ca. 1,5 Millionen Menschen auszugehen, die von FASD betroffen sind. Somit handelt es sich um die häufigste nicht angeborene Behinderung, die ungeachtet des Intelligenzniveaus in vielen Fällen durch die Teilhabebeeinträchtigungen mit einer geistigen Behinderung gleichzusetzen ist. Jährlich werden etwa 12.500 Kinder mit Fetalen Alkoholspektrumstörungen geboren. Die Dunkelziffer wird angesichts teils großer Schwierigkeiten bei der Diagnosestellung und unzureichender Aufklärung sowohl der Bevölkerung als auch auf Seiten von Fachkräften diese Zahlen noch überschreiten. FASD bleibt häufig unerkannt und wird immer noch nur wenig diagnostiziert.

Die mit der Behinderung einhergehenden Einschränkungen sind so gravierend, dass die Voraussetzung einer Schwerbehinderung gegeben ist. Die Spektrumstörung und ihre allumfassenden Auswirkungen auf das Individuum und das Umfeld sind ein komplexes weitreichendes Problem. Menschen mit FASD sind ihr Leben lang auf vielfältige Hilfen angewiesen, denn sie sind mit besonderen Herausforderungen und Hindernissen konfrontiert, welche sie auf Lebenszeit begleiten.

FASD-Symptome

Viele Menschen mit FASD zeigen auf Grund der irreparablen Schädigung des Zentralen Nervensystems ein stark herausforderndes Verhalten. Die unterschiedlichen herausfordernden Verhaltensweisen werden in der Praxis als Symptome gehandelt. Bereits 1996 beschrieb das Institute of Medicine die Fetalen Alkoholspektrumstörungen als Oberbegriff für Syndromausprägungen die mit Verhaltensstörungen und kognitiven Einschränkungen einhergehen welche durch eine organische Hirnschädigung hervorgerufen, nicht durch Umwelteinflüsse oder sonstige genetische Komponenten erklärt werden können und bei denen die üblichen pädagogischen Interventionstechniken hinsichtlich der Verhaltenssymptomatiken kaum oder gar nicht greifen.

FASD als hirnorganisch-bedingte Beeinträchtigung hat Einfluss auf die Wahrnehmung, die Impulskontrolle sowie das Gedächtnis, welches wiederum das Verhalten des Individuums beeinflusst. Die bei FASD typischen Verhaltensstörungen sind also unter anderem das Resultat der Funktionsstörungen des Gehirns durch die intrauterine Alkoholexposition. Sie können in psychischen Behinderungen enden, die zum einen von dem Umfeld häufig übersehen oder ausschließlich „pädagogisch“ versucht beantwortet zu werden. Das Symptomspektrum der Fetalen Alkoholspektrumstörungen ist breit und reicht von offensichtlich fazialen oder physischen Stigmata bis hin zu – auf den ersten Blick – eher subtilen Verhaltensbesonderheiten, die zunächst Differentialdiagnosen wie Bindungsstörung, ADHS oder Autismus vermuten lassen. Die Schädigungen können also in sichtbare Symptome wie z.B.  Kleinwuchs, Untergewicht und Mikrocephalie als auch unsichtbare Merkmale wie Defizite in der Kognition, der Entwicklung und des Verhaltens unterteilt werden. Während optische Merkmale, die das Wachstum sowie das Gesicht betreffen, sich im Laufe der Entwicklung teilweise verwachsen, bleiben die Verhaltens- und Kognitionsdefizite ein Leben lang bestehen.

Ursachen & Auswirkungen von FASD

FASD entsteht durch den Alkoholkonsum der werdenden Mutter in der Schwangerschaft. Alkohol und seine Abbauprodukte schädigen Fötus und Embryo. Jegliche Menge sowie jede Art von Alkohol als Zellgift kann zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft bedrohlich für die Entwicklung des Kindes sein. Einen gesicherten Nachweis des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“, also einer Zeit in der das ungeborene Leben trotz Alkoholkonsums nicht geschädigt wird oder abgeht, gibt es demnach nicht. Eine schädigungsfreie Trinkmenge oder protektive Faktoren, die die Entstehung der Behinderung trotz Alkoholkonsums verhindern können, sind nicht bekannt. Es gibt jedoch Co-Faktoren, die eine spätere FASD-Diagnose wahrscheinlich(er) machen.

Die Ursachen für mütterlichen Alkoholkonsum in der Schwangerschaft selbst sind vielfältig und setzt keine Suchtstrukturen oder eine Abhängigkeit voraus.

Auswirkungen von FASD auf das Individuum

Eine FASD-Ausprägung kann sich u.a. in der Entwicklung, der Kognition, im Verhalten sowie in Wachstumsauffälligkeiten und prägnante Gesichtsmerkmale zeigen. Durch eine behinderte Zellteilung in Folge der intrauterinen Alkoholexposition ist das Wachstum der Organe, und hier vor allem das des größten, dem Gehirn und des Zentrales Nervensystem betroffen. Insbesondere die gravierenden Einschränkungen der Hirnfunktion und ihre Folgen sind eine große Herausforderung für Menschen mit FASD sowie für ihr Umfeld. Die Beeinträchtigungen der Exekutiven Funktionen als Grundlage selbständiger Lebensführung gelten als das Kernproblem der Behinderung. In der Regel sind diese lebenslangen Beeinträchtigungen so schwerwiegend, dass die Voraussetzung einer Schwerbehinderung gegeben ist und das Individuum ein Leben lang auf vielfältige, flankierende Hilfen angewiesen ist.

Primäre und sekundäre Beeinträchtigungen

Zu beobachten ist, dass die FASD-Auswirkungen mit steigendem Lebensalter zunehmen. Für das bessere Verständnis dieses Phänomens ist es wichtig zwischen Primären und Sekundären Beeinträchtigungen zu unterscheiden. Als primär gelten all jene Auswirkungen, die unmittelbar und ursächlich auf den Alkohol zurückzuführen sind. Sie sind die angeborenen Merkmale, wie faziale Anomalien, Wachstumsauffälligkeiten und die Störung des Zentralen Nervensystems, welche wiederum Komorbiditäten mit sich bringen. Erfolgt eine späte bzw. keine Diagnose und/oder keine bzw. nicht die richtige Intervention,   können Sekundäre Beeinträchtigungen entstehen.

FASD-Diagnose

Eine Diagnose sollte ausschließlich interdisziplinär in spezialisierten Fachzentren vorgenommen werden. Grundlage der Diagnostik ist die deutschsprachige S3-Leitlinie, nach der Kinder und Jugendliche diagnostisch erfasst werden. Gemäss der Leitlinie wird die Diagnose durch die Betrachtung von vier Merkmalsbereichen gestellt:

  1. die Wachstumsauffälligkeiten,
  2. die Facialen Auffälligkeiten,
  3. Dysfunktionen des Zentralen Nervensystems (ZNS) sowie
  4. die bestätigte oder nicht bestätigte intrauterine Alkoholexposition.

Jeder dieser Merkmalsbereiche umfasst eine Vielzahl unterschiedlichster Erscheinungen.

Nur ein kleiner Teil der Menschen mit FASD entwickelt das Vollbild, das Fetale Alkoholsyndrom (FAS). Ihnen ist ihre geistige Beeinträchtigung durch äußerliche Merkmale anzusehen. Viele andere Betroffene jedoch weisen keine äußerlichen Merkmale auf, haben aber nicht weniger schwerwiegende neuropsychologische und kognitive Einschränkungen. Daher ist eine Diagnose unabdingbar, um eine adäquate Unterstützung anbieten zu können. Nach den S-3-Leitlinien ist unter anderem eine Sozialanamnese nötig, welche wenn möglich interdisziplinär erfolgen sollte. Die Sozialanamnese beinhaltet wichtige Eckdaten über den zu diagnostizierenden Menschen; wie Information zu den Eltern, Schul-, und Vorbefunde, bereits besuchte Fördermaßnahmen, anderweitige Diagnosen etc. Nur wenn eine der Fetalen Alkoholspektrumstörungen diagnostiziert wird, können auf dieser Grundlage adäquate Hilfesysteme geschaffen werden. Umso früher eine Diagnose gestellt wird, desto früher kann eine angemessene Unterstützung in die Entwicklung des Individuums integriert werden.

Nicht jede:r Arzt/Ärztin kann eine Diagnose stellen. Es gibt nur wenige in Deutschland und die Wartezeiten sind in der Regel lang. Eine Diagnose für Erwachsenen gestaltet sich schwieriger als für Kinder und Jugendliche, da unter anderem noch weniger Ärzt:innen als in der Kinder- und Jugendmedizin die Diagnostik bei Erwachsenen durchführen .

FASD –Therapie

“Bisher gibt es keine einzige richtige Behandlung und wahrscheinlich wird es nie eine geben“

(Prof. Dr. Spohr 2014)

Eine klassische FASD-Therapie gibt es so nicht. Jeder Mensch mit FASD erlebt, auch aufgrund unterschiedlicher Lebensereignisse, verschiedene Herausforderungen, welche individuell betrachtet werden müssen. Auf Grundlage der Diagnose und einem differenzierten neuropsychologischen Profil können jedoch adäquate Hilfesysteme geschaffen werden. Hierzu können auch Psycho-, Ergo- und Physiotherapeutische Hilfen hinzugezogen werden. Zudem sind eine Pflegestufe sowie Sozial- und Heilpädagogische Fördermaßnahmen möglich.

Grundlegend bei allen Interventionsgedanken scheint jedoch die Grundhaltung der Betreuenden zu sein. Es gilt den eigenen Förderoptimismus zu überwinden und eine realistische Haltung auf die Behinderung, die Möglichkeiten und die Grenzen zu entwickeln. Wichtiger als das Ausschöpfen jedes Therapieansatzes scheint es zu sein, die hirnorganische Beeinträchtigung als Leitidee aller Interventionen zu sehen und die Behinderung als gegeben anzuerkennen. 

Literatur

Becker, Gela/Hennick, Klaus/ Klein, Michael (2015): Suchtgefährdete Erwachsene mit Fetalen Alkoholspektrumstörungen. Diagnostik, Screening Ansätze und Interventionsmöglichkeiten. Berlin: De Gruyter

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung (2017): Die Fetale-Alkoholspektrumstörung. Die wichtigsten Fragen für die sozialrechtliche Praxis. Berlin. Drogenbeauftragte der Bundesregierung 

Evangelisches Kinderheim Sonnenhof (1995): Fetale Alkohol-Spektrumstörungen. Verhaltensbesonderheiten. Berlin: Ev. Sonnenhof e.V.

Häßler, Frank/Weirich, Steffen/Olaf, Reis (2017): Fetale Alkoholspektrumstörung und Delinquenz. In: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 2017. S. 342-348

Hoff-Emden, Heike (2013): Fetale Alkoholspektrumstörung. Eine interdisziplinäre sozialmedizinische Herausforderung. In Ärzteblatt 2003 S. 386-389

Landgraf, Mirjam N./Hoff, Tanja (2019): Fetale Alkoholspektrumstörungen. Diagnostik, Therapie, Prävention. In: Bilke-Hentsch, O./Gouzoulis-Mayfrank, E./Klein. M (Hrsg.): Sucht: Risiken-Formen-Interventionen. Interdisziplinäre Ansätze von Prävention und Therapie. Stuttgart: Kohlhammer

Liesegang, Jörg. (2020) Exekutivfunktionen aus systemischer Sicht…Träumen erlaubt. In: Michalowski, Gisela, Lepke, Karin & FASD Deutschland e.V. (Hrsg.) 2020. FASD – Träumen erlaubt?! 21. FASD-Fachtagung in Dortmund, 27.-28.09.2019. Idstein: Schulz-Kirchner Verlag GmbH

Nordhues, Philipp Bernhard Hermann (2013):  Das fetale Alkoholsyndrom: Eine Studie zur Erfassung der Prävalenz bei Pflegekindern. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des doctor medicinae. Münster: Westfälische Wilhelms-Universität

Spohr, Hans-Ludwig (2016): Das Fetale Alkoholsyndrom. Im Kindes und Erwachsenalter 

Ter Horst, Klaus (2015): Kinder mit dem Fetalen Alkoholsyndrom (FASD) in der stationären Jugendhilfe. Online im Internet: https://fasd-fachzentrum.de/wp-content/uploads/ter_Horst_FAS-Kinder_in_der_Jugendhilfe.pdf

Menschen mit FASD sind meist von gravierenden Einschränkungen der Hirnfunktion betroffen. Durch die behinderte Zellteilung in Folge der intrauterinen Alkoholexposition ist das Wachstum der Organe, hier vor allem des größten Organs des Zentralen Nervensystems sensibel gestört, weniger Gehirnzellen werden entwickelt und das Gehirn bleibt im Verhältnis klein.

Fetal Alcohol Spectrum Disorder (FASD) kann sich auf verschiedene Hirnfunktionen und Hirnregionen auswirken. Die betroffenen Bereiche können je nach Schweregrad der Schädigung und individuellen Unterschieden variieren. Hier sind einige der häufigsten Hirnfunktionen und Hirnregionen, die bei FASD beeinträchtigt sein können:

  1. Präfrontaler Kortex: Der präfrontale Kortex ist für kognitive Funktionen wie Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, Problemlösung, Urteilsvermögen, Impulskontrolle und die Regulation von Emotionen und Verhalten verantwortlich. Bei FASD können präfrontale Dysfunktionen auftreten, was zu Schwierigkeiten in diesen kognitiven und Verhaltensbereichen führen kann.

  2. Hippocampus: Der Hippocampus ist eine Hirnregion, die eine wichtige Rolle bei der Bildung von Gedächtnis und Lernen spielt. Beeinträchtigungen des Hippocampus bei FASD können zu Gedächtnisstörungen und Lernschwierigkeiten führen.

  3. Corpus callosum: Das Corpus callosum ist eine Struktur, die die beiden Hemisphären des Gehirns miteinander verbindet und die Kommunikation zwischen ihnen ermöglicht. Beeinträchtigungen des Corpus callosum können die Informationsübertragung zwischen den Hemisphären beeinträchtigen und zu Schwierigkeiten bei der Integration von Informationen führen.

  4. Basalganglien: Die Basalganglien sind Hirnstrukturen, die an der Steuerung von Bewegungen, der Koordination, der Motorik und der emotionalen Regulation beteiligt sind. Bei FASD können Störungen der Basalganglien zu motorischen Problemen und Koordinationsstörungen führen.

  5. Kleinhirn: Das Kleinhirn spielt eine wichtige Rolle bei der Feinabstimmung von Bewegungen, der Koordination und dem Gleichgewicht. Beeinträchtigungen des Kleinhirns können zu motorischen Problemen, Gleichgewichtsstörungen und ungeschickten Bewegungen führen.

Es ist wichtig zu beachten, dass FASD eine komplexe Störung ist und die Auswirkungen auf das Gehirn vielfältig sein können. Die tatsächlichen Auswirkungen auf spezifische Hirnfunktionen und Hirnregionen können von Person zu Person variieren. Eine umfassende Bewertung durch Fachleute für FASD, wie Neuropsycholog:innen oder Kinderärzt:innen, kann dazu beitragen, die individuellen Auswirkungen auf das Gehirn und die Funktionen einer Person besser zu verstehen und entsprechende Interventionen und Unterstützung bereitzustellen.

 

Die Ursachen für mütterlichen Alkoholkonsum in der Schwangerschaft sind vielfältig. Wichtig ist zu wissen, dass Alkoholkonsum in der Schwangerschaft keine Suchtstrukturen oder eine Alkoholabhängigkeit voraussetzt. Tatsächlich ist das Trinken von Alkohol in der Schwangerschaft vor allem bei einem höheren sozioökonomischen Status, einem höheren Bildungsabschluß sowie einem Lebensalter ab dreißig Jahren am wahrscheinlichsten. Warum also trinken Mütter in der Schwangerschaft?

  • Unwissen über die Folgen des Alkoholkonsums
  • Keine/wenig Anamnese bzgl. Alkoholkonsum durch Ärzt:innen, Hebammen etc.
  • Berichte/Fehlberatung über gesundheitsförderliche Aspekte
  • Eigene Unwissenheit über die Schwangerschaft
  • Umfeld konsumiert Alkohol
  • Wenig Unterstützung aus dem Umfeld

Nein. Zum jetzigen Stand gibt es keine kurative Therapie für FASD. Der Schlüssel zur Veränderung der zahlenmässigen Ist-Situation liegt in der Prävention. Da das Fetale Alkholsyndrom jedoch die häufigste nicht genetisch bedingte Ursache für ein Fehlbildungssyndrom und der kausale Zusammenhang zwischen dem Trinken von Alkohol und der Enstehung einer Behinderung gesichert ist, ist FASD zumindest theoretisch durch eine absolute Punkttrockenheit während der gesamten Schwangerschaft komplett zu vermeiden. Der Bedeutung für die Stigmatisierung werdendern Mütter sind wir uns jedoch bewusst und gehen entsprechend sensibel damit um.

Nein, Fetal Alcohol Spectrum Disorder (FASD) entsteht nicht kausal durch den Mann, sondern tritt auf, wenn eine schwangere Frau Alkohol konsumiert. Das Risiko, dass ein Kind FASD entwickelt, besteht, wenn die werdende Mutter während der Schwangerschaft Alkohol trinkt. Der Alkohol gelangt über den Blutkreislauf der Mutter in den Blutkreislauf des ungeborenen Kindes und kann das sich entwickelnde Gehirn und andere Organe beeinträchtigen.

Es ist wichtig zu beachten, dass Alkoholkonsum während der gesamten Schwangerschaft, einschließlich der frühen Schwangerschaftsphasen, schädlich sein kann. Es gibt keine sichere Menge Alkohol, die während der Schwangerschaft als unbedenklich angesehen wird. Daher wird empfohlen, dass schwangere Frauen keinen Alkohol trinken, um das Risiko von FASD zu vermeiden.

Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass Männer eine wichtige Rolle spielen können, um ihre Partnerinnen zu unterstützen, während sie auf eine alkoholfreie Schwangerschaft achten. Durch Unterstützung, Information und gegenseitige Verantwortung können Paare gemeinsam dazu beitragen, das Risiko von FASD zu minimieren und die Gesundheit des ungeborenen Kindes zu schützen.

 

Es gibt keine spezifische Heilung für FASD, aber es gibt verschiedene Therapieansätze, die helfen können, die Symptome zu bewältigen und die Lebensqualität der betroffenen Personen zu verbessern. Hier sind einige häufig verwendete Therapien:

  1. Frühintervention: Eine frühzeitige Diagnose und Intervention sind entscheidend. Frühinterventionen können spezielle Programme beinhalten, die darauf abzielen, die Entwicklung und das Lernen des Kindes zu unterstützen.

  2. Systemisches Coaching: FASD betrifft nicht nur das Kind, sondern auch die Familie. Das Coaching bzw die Arbeit mit den primären Bezugspersonen kann dazu beitragen, die Betreuenden zu unterstützen, die Herausforderungen im Zusammenhang mit FASD bewältigen müssen, und die Kommunikation und das Verständnis verbessern.

  3. Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, Alltagsfertigkeiten wie Selbstpflege, Feinmotorik und Aufmerksamkeit zu entwickeln und zu verbessern.

  4. Sprach- und Sprachtherapie: Viele Kinder mit FASD haben Schwierigkeiten mit Sprache und Kommunikation. Sprach- und Sprachtherapie kann ihnen dabei helfen, ihre sprachlichen Fähigkeiten zu entwickeln und ihre Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern.

  5. Medikamentöse Behandlung: In einigen Fällen können Medikamente verwendet werden, um bestimmte Symptome von FASD zu behandeln, wie zum Beispiel Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder Depressionen. Die medikamentöse Behandlung sollte jedoch immer unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Behandlung von FASD individuell angepasst werden muss und dass eine multidisziplinäre Herangehensweise, bei der verschiedene Fachkräfte zusammenarbeiten, in der Regel am effektivsten ist. Jeder Fall von FASD ist einzigartig, daher ist es wichtig, mit Fachleuten zusammenzuarbeiten, um einen individuellen Therapieplan zu erstellen.

Im Rahmen der Wohngruppe haben wir gute Erfahrungen mit tiergestützten Angeboten gemacht. Der Profit von Kindern und Jugendlichen mit FASD durch therapeutisches Reiten liegt vor allem in der Entwicklung des Selbstbewusstseins, des Konzentrationsvermögens, der Impulskontrolle, der Umgänglichkeit, des Verantwortungsbewusstseins, der Körperwahrnehmung sowie der Fähigkeit der Handlungsplanung. Um eine dauerhafte Persönlichkeit dieser defizitären Bereiche zu gewährleisten, sollte eine Reittherapie möglichst langfristig angelegt werden. Das therapeutische Reitangebot sollte als Einzelbetreuungsangebot stattfinden. Vor allem das zusätzliche Einbeziehen in pflegerische Tätigkeiten, könnte die Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme sowie der Handlungsplanung stärken. Nach diesem Verständnis kann das eingesetzte Tier die Fachkraft nicht ersetzen, sondern lediglich in die Arbeit mit einbezogen werden, um die Erziehungs- und Fördermöglichkeiten zu erweitern (vgl. Schmidt 2012, S. 43). Das Tier stellt in diesem Verständnis ein Medium dar, das eine Beziehungsanbahnung von Mensch und Tier ermöglicht, indem es einen authentischen Beziehungspartner darstellt, „der viele Bedürfnisse befriedigt und den Menschen in seinem Menschsein nicht bewertet“ (Schmidt (2012). S. 47). Der Kontakt zu den Tieren erhöht die Aufmerksamkeit, bringt Entspannung und vermittelt ein Gefühl von Sicherheit. Dadurch sind die Kinder und Jugendlichen für weitere pädagogische Aktivitäten zugänglicher. Die bedingungslose Zuwendung der Tiere stärkt das Selbstbewusstsein und ermöglicht es den Kindern und Jugendlichen auch in anderen sozialen Situationen aufgeschlossener aufzutreten. In der Auseinandersetzung mit dem Tier erlernen die Kinder und Jugendlichen Verantwortung zu übernehmen.

Fetal Alcohol Spectrum Disorder (FASD) kann sich auf verschiedene Weisen zeigen, da es eine breite Palette von neurologischen, kognitiven, verhaltensbezogenen und körperlichen Auswirkungen haben kann. Die Symptome und Merkmale von FASD können von Person zu Person unterschiedlich sein, je nach individuellem neuropsychologischen Profil und den betroffenen Gehirnbereichen. Das Symptomspektrum der Fetalen Alkoholspektrumstörungen ist breit und reicht von offensichtlich fazialen oder physischen Stigmata bis hin zu – auf den ersten Blick – eher subtilen Verhaltensbesonderheiten, die zunächst Differentialdiagnosen wie Bindungsstörung, ADHS oder Autismus vermuten lassen. Hier sind einige der häufigsten Merkmale und Symptome von FASD:

  1. Kognitive Beeinträchtigungen: Menschen mit FASD können Schwierigkeiten mit dem Lernen, dem Gedächtnis, der Aufmerksamkeit, der Problemlösung und der Ausführung von Aufgaben haben. Sie können auch Probleme mit der Verarbeitung von Informationen, der Planung und der Organisation aufweisen.

  2. Verhaltensprobleme: Verhaltensprobleme wie Impulsivität, Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsdefizit, Schwierigkeiten bei der Selbstregulation, emotionale Instabilität, soziale und kommunikative Schwierigkeiten können auftreten.

  3. Sprach- und Kommunikationsstörungen: Kinder mit FASD können Schwierigkeiten haben, Sprache zu verstehen und auszudrücken. Sie können Verzögerungen in der Sprachentwicklung, eingeschränkte Vokabeln, Schwierigkeiten beim Verständnis von komplexen Sätzen und Schwierigkeiten beim Verständnis von sozialen Nuancen haben.

  4. Motorische Probleme: Fein- und Grobmotorikprobleme können auftreten, wie z.B. Koordinationsprobleme, Schwierigkeiten beim Schreiben oder Zeichnen, Gleichgewichtsprobleme oder ungeschickte Bewegungen.

  5. Wachstums- und Entwicklungsrückstand: Einige Kinder mit FASD können ein geringeres Geburtsgewicht haben und einen Wachstumsrückstand aufweisen. Sie können auch Verzögerungen in der motorischen, kognitiven und sprachlichen Entwicklung haben.

  6. Soziale und emotionale Schwierigkeiten: Schwierigkeiten in sozialen Situationen, eingeschränkte soziale Fähigkeiten, Probleme beim Verständnis von sozialen Regeln und Normen, impulsives Verhalten, geringes Selbstwertgefühl und emotionale Probleme können auftreten.

FASD ist eine Spektrumstörung. Natürich ist nicht jede*r Betroffene von jedem Symptom betroffen!

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Merkmale bei jedem Mensch mit FASD auftreten müssen, und die Ausprägung der Symptome  von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann.

Eine umfassende Bewertung durch ein neuropsychologisches Profil als Grundlage aller Interventionen und Erziehungsplanungen ist entscheidend, um eine genaue Diagnose zu stellen und eine angemessene Unterstützung und Intervention bereitzustellen.

Die Schädigungen können also in sichtbare Symptome wie z.B.  Kleinwuchs, Untergewicht und Mikrocephalie als auch unsichtbare Merkmale wie Defizite in der Kognition, der Entwicklung und des Verhaltens unterteilt werden. Während optische Merkmale, die das Wachstum sowie das Gesicht betreffen, sich im Laufe der Entwicklung teilweise verwachsen, bleiben die Verhaltens- und Kognitionsdefizite ein Leben lang bestehen.

Es gibt keine spezifische Lebenserwartung für Menschen mit Fetal Alcohol Spectrum Disorder (FASD). Die Lebenserwartung hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich des Schweregrads der Symptome, des Zugangs zur medizinischen Versorgung, des Lebensstils und der Unterstützung, die eine Person erhält.

Es ist wichtig zu beachten, dass FASD eine lebenslange Behinderung ist, die die betroffenen Personen in verschiedenen Bereichen ihres Lebens beeinflussen kann. Es kann zu einer Vielzahl von körperlichen, kognitiven, emotionalen und Verhaltensproblemen führen.

Die Lebenserwartung kann auch von Begleiterkrankungen oder Komplikationen abhängen, die mit FASD einhergehen können, wie zum Beispiel Herzproblemen, Epilepsie oder psychischen Störungen. Vor allem die sekundären Beeinträchtigungen sind es, die Menschen mit FASD frühzeitiger versterben lassen.

Es ist wichtig, dass Menschen mit FASD eine angemessene medizinische Versorgung erhalten und von einem multidisziplinären Team von Fachleuten unterstützt werden, um ihre individuellen Bedürfnisse zu adressieren und ihre Lebensqualität zu verbessern. Die Prognose und Lebenserwartung können von Fall zu Fall unterschiedlich sein, und es ist am besten, mit einem Arzt oder Fachexperten zu sprechen, um spezifische Informationen zu erhalten, die auf den individuellen Umständen basieren.

Studien zu Folge können 70,5 Prozent aller von FASD Betroffenen Menschen nicht eigenständig leben und sind lebenslang auf flankierende Hilfen angewiesen

So wie du und ich.

Es ist wichtig zu verstehen, dass FASD eine unsichtbare Behinderung ist und dass die äußeren Merkmale nicht immer bzw in den allermeisten Fällen nicht offensichtlich sind.

Einige Menschen mit FASD können körperliche Merkmale aufweisen, die als Fetal Alcohol Syndrome (FAS) bezeichnet werden. Diese Merkmale können umfassen:

  1. Gesichtsanomalien: Kinder mit FAS können charakteristische Gesichtszüge aufweisen, wie eine schmale Oberlippe, eine flache Philtrumrinne (die Vertiefung zwischen Nase und Oberlippe) und abnormale Augenformen.

  2. Wachstumsstörungen: Kinder mit FAS können ein geringes Geburtsgewicht haben und im Vergleich zu Gleichaltrigen langsamer wachsen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nur die wenigsten Menschen, dh. etwa 10 Prozent aller Menschen mit FASD diese äußeren Merkmale aufweisen. 90 Prozent aller Fetalen Alkoholspektrumstörungen sind unsichtbar.

Viele Kinder mit FASD haben also keine erkennbaren körperlichen Anzeichen, aber sie können dennoch genau so starke neurologischen und Verhaltensproblemen haben.

Die Diagnose von FASD basiert nicht nur auf äußeren Merkmalen, sondern auch auf Entwicklungsverzögerungen, kognitiven Beeinträchtigungen, Verhaltensproblemen und anderen Beeinträchtigungen, die durch pränatalen Alkoholkonsum verursacht werden.

Faciale Auffälligkeiten, also optisch charakteristische Fehlbildungsmuster des Gesichts wie etwa eine blasse, dünne Oberlippe, die Form der Ohren, die Lidspaltenlänge oder etwa ein verstrichenes Philtrum[1] liegen vor allem beim Vollbild vor. Aus Gründen der ethischen Herausforderung, Menschen seit den Erfahrungen aus der Nazi-Zeit, optisch zu kategorisieren oder sie aufgrund von optischen Vermessungen zu gewissen Personengruppen zu zu teilen verzichten wir auf eine detailliertere Beschreibung der facialen Merkmale, diese sind aber etwa im Pocket Guide von Langraf/Heinen, 2016, unter Punkt 2 nachzuschauen. ). Die Mehrzahl der von FASD betroffenen Menschen weist somit keine äußerlichen Merkmale auf, haben aber trotzdem neuropsychologische und kognitive Einschränkungen. Im betreuerischen Alltag ist es weniger entscheidend, ob ein Kind oder Jugendlicher faziale Auffälligkeiten oder Wachstumsauffälligkeiten aufweist; die tägliche Herausforderung liegt hier – nicht nur im Kontext von Jugendhilfesettings – vor allem in den betreuerischen Erfordernissen, die sich aus der Hirnschädigung, also den ZNS-Auffälligkeiten ergeben.

[1] aus Gründen der ethischen Herausforderung, Menschen seit den Erfahrungen aus der Nazi-Zeit, optisch zu kategorisieren oder sie aufgrund von optischen Vermessungen zu gewissen Personengruppen zu zu teilen verzichtet der Autor an dieser Stelle auf eine allzu detaillierte Beschreibung der facialen Merkmale, diese sind aber etwa im Pocket Guide von Langraf/Heinen, 2016, unter Punkt 2 nachzuschauen

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